Verfahren nach Lord und Millar


Für die Behandlung der Steissbeinfistel wurden in den letzten 60 Jahren  zahlreiche Operationsmethoden entwickelt, davon viele minimal-invasive Techniken. Dennoch bevorzugen die meisten Chirurgen, insbesondere auch in Deutschland, die großzügige Ausschneidung der Weichteile mit offener Wundheilung – trotz langer, komplikationsträchtiger Heilphasen und Rezidivraten von bis zu 35 %.

Vor dem Hintergrund der allgemeinen Unzufriedenheit mit den Ergebnissen dieses traditionellen Verfahrens stellten die Chirurgen Peter H. Lord und Douglas M. Millar 1965 die erste minimal-invasive Operationstechnik für die Behandlung des Sinus pilonidalis vor. Die Einführung dieser Methode wie auch aller anderen minimal-invasiven Techniken geht auf die Erkenntnis zurück, dass die Pits in der Pofalte ursächlich für Entstehung des Sinus pilonidalis sind und dieser keinesfalls ausschließlich angeboren ist.



Beim Verfahren nach Lord und Millar werden die Pits ganz sparsam bis in das darunterliegende Gangsystem ausgeschnitten, die resultierenden Hautwunden sind meist kleiner als 5 Millimeter. Sollten neben der Pofalte chronische Abszesse oder Fistelgänge vorhanden sei, werden diese durch eine zusätzlichen Hautschnitt eröffnet und mit einer Kürette gesäubert.  Die Säuberung der Fistelgänge von Haaren und entzündlichem Gewebe erfolgt über die ausgeschnittenen Pits  mit kleinen Bürstchen. Das Verfahren wird in örtlicher Betäubung durchgeführt.

Nach dem Eingriff werden die Wunden nicht vernäht, sondern nur mit einem blutstillenden Verband versehen. Das Vernähen der Wunden soll die Gefahr von Wundheilungsstörungen, Entzündungen und auch dem Wiederauftreten von Fisteln fördern. Zur Wundbehandlung wird das mehrfach tägliche Ausduschen empfohlen, anschließend wird alles trocken geföhnt. Sitzbäder sind ineffektiv und nicht empfehlenswert wie auch das Auftragen von Salben. Als Wundabdeckung reichen einfache Kompressen oder Binden. Während der Wundheilung, die durchschnittlich 3-4 Wochen benötigt, müssen die Haare in der Umgebung der Wunden sorgfältig entfernt werden, z. B. durch eine wöchentliche Rasur.

Ein Wiederauftreten von Steissbeinfisteln wurde in Studien in 3 - 4 % der Fälle beobachtet, insbesondere dann, wenn die Wunden vernäht worden waren. Meist treten die Fistelrezidive in den ersten 6 Monaten nach dem Eingriff auf.



Quellen:

Lord PH, Millar DM (1965) Pilonidal sinus: a simple treatment. Br J Surg 52:298–300

Kooistra HP (1942) Pilonidal sinuses. Am J Surg  55:3–17

Patey DH, Scarff RW (1946) Pathology of postanal  pilonidal sinus; its bearing on treatment. Lancet  2:484–486

Allen-Mersh TG (1990) Pilonidal sinus: finding the  right track for treatment. Br J Surg 77:123–132

Edwards MH (1977) Pilonidal sinus: a 5-year appraisal of the Millar-Lord treatment. Br J Surg  64:867–868