Phenol-Injektionen nach Maurice und Greenwood





Die Injektion von Phenol (Karbolsäure, kurz: Karbol) ist eines der ältesten Verfahren zur Behandlung der Steissbeinfistel und wurde erstmals 1964 in einer Veröffentlichung beschrieben.

Die meist 80 %ige Phenollösung wird in die Steissbeinfistel injiziert und soll durch eine entzündliche Reaktion zu einer Vernarbung und Abheilung der Fistel führen. Laut Literatur soll das Verfahren Heilungsraten zwischen 30 und 92 % haben. Die Behandlung wird ambulant in örtlicher Betäubung durchgeführt und ist nur mit einer kurzen Ausfallszeit hinsichtlich Beruf und Freizeitaktivitäten verbunden.

In den letzten 15 Jahren sind zahlreiche Studien zu diesem Verfahren erschienen, überwiegend aus der Türkei. Eine aussagekräftige Bewertung des Verfahrens anhand des Qualitätskriteriums „Fistelrezidiv“, also erneutes Auftreten einer Fistel nach Phenol-Instillation, lassen die Studien allerdings kaum zu.  Das liegt daran, dass die Erkrankungsstadien von Studie zu Studie unterschiedlich waren: Mal wurden Patienten mit eitriger Sekretbildung oder Voroperationen ausgeschlossen, in anderen Studien wurden sie mit berücksichtigt. Manche Patienten wurden nur einmal mit Phenol behandelt, andere hingegen mehrfach. Bei wieder anderen wurden neben der Phenol-Injektion zusätzlich operative Maßnahmen an den Fisteln durchgeführt. Unterschiede ergeben sich wahrscheinlich auch durch die Anwendung von Phenol in flüssiger oder kristalliner Form wie im folgenden Filmbeispiel:



Auch war der Begriff „Fistelrezidiv“ uneinheitlich definiert oder fehlte völlig. Auffallend hoch ist mit 70 % der Anteil der Patienten, bei denen die Fisteln nach der ersten Injektion nicht abheilten und weitere Injektionsbehandlungen durchgeführt werden mussten. Nach mehrfachen Injektionen lag die Rezidivrate (wie auch immer definiert) bei 5 %. Problematisch sind allerdings die unterschiedlich langen Nachbeobachtungszeiträume, die je nach Studie zwischen 14 und 56 Monaten lagen, was eine sichere Aussage zur Qualität des Verfahrens kaum zulässt und Rezidivraten zwischen 9 und 40 % erklärt.

Studien, in denen die Phenol-Injektion mit anderen Behandlungsverfahren der Steissbeinfistel verglichen wurde, existieren kaum. In zwei ältere Studien aus 1975 bzw. 1989 schnitt die Phenol-Behandlung im Vergleich zu anderen Behandlungsverfahren deutlich schlechter ab. Eine aktuelle amerikanische Leitlinie empfiehlt dennoch die Phenol-Injektion für ausgewählte Fälle.

Die Phenol-Injektion gehört zu den ältesten Behandlungsverfahren der Steissbeinfistel. Im Vergleich zur geringen Belastung des Patienten (ambulant in örtlicher Betäubung machbar, geringe Ausfallzeit) kann das Verfahren für ausgewählte Fälle in Betracht gezogen werden, da die Heilungsrate in diesen ausgewählten Fällen („kleine Befunde“) akzeptabel ist.

In Deutschland ist Phenol wegen der hohen Toxizität und der möglichen Aufnahme in den Körper nicht zugelassen.



Quellen:

Maurice BA, Greenwood RK (1964) A conservative treatment of pilonidal sinus. Br J Surg 51:510– 512

Dogru O, Camci C et al (2004) Pilonidal sinus treated with crystallized phenol: an eight-year experience. Dis Colon Rectum 47:1934–1938

Kaymakcioglu N, Yagci G et al (2005) Treatment of pilonidal sinus by phenol application and factors affecting the recurrence. Tech Coloproctol  9:21–24

Olmez A, Kayaalp C et al (2013) Treatment of pilonidal disease by combination of pit excision and  phenol application. Tech Coloproctol 17:201–206

Aygen E, Arslan K et al (2010) Crystallized phenol in nonoperative treatment of previously operated, recurrent pilonidal disease. Dis Colon Rectum 53:932–935

Shorey BA (1975) Pilonidal sinus treated by phenol injection. Br J Surg 62:407–408

Stansby G, Greatorex R (1989) Phenol treatment of pilonidal sinuses of the natal cleft. Br J Surg  76:729–730

Steele SR, Perry WB et al (2013) Practice parameters for the management of pilonidal disease. Dis  Colon Rectum 56:1021–1027

Bruce RM, Santodonato J et al (1987) Summaryreview of the health effects associated with phenol. Toxicol Ind Health 3:535–568