Stadienadaptierte Behandlung der Steissbeinfistel





Die Behandlung des Sinus pilonidalis richtet sich danach, welches Stadium der Erkrankung vorliegt.

1. Asymptomatische Form


Die vorhandene Steissbeinfistel bereitet keinerlei Beschwerden, heilt allerdings nicht spontan ab. Stattdessen bleibt sie lebenslang bestehen und kann in die akute Form (Abszessbildung) oder in das chronische Stadium übergehen. Eine vorsorgliche operative Entfernung der Steissbeinfistel wird jedoch nicht empfohlen, da sie im Vergleich zur chronischen Form keine Vorteile bringt. Wer also eine Steissbeinfistel hat, die keinerlei Beschwerden verursacht, bedarf keiner chirurgischen Therapie.

2.  Akute Form (Abszess)


Führt die Steissbeinfistel zu einer Abszessbildung, ist eine zügige operative Eröffnung des Abszesses erforderlich, womit die Infektsituation mit Schmerzen und eventuell auch Fieber beherrscht ist. Die chirurgische Abszesseröffnung führt jedoch nicht zur Ausheilung der Steissbeinfistel, sie bleibt nach Abheilung der OP-Wunde weiterhin bestehen. Die endgültige Beseitigung der Steissbeinfistel sollte jedoch nicht im Rahmen einer Abszessoperation erfolgen, sondern erst nach Abschwellen und Abklingen der entzündlichen Umgebungsreaktion, das heißt frühestens nach 2 bis 3 Wochen.

Wer sich einer Abszesseröffnung unterziehen muss, wird sicher nicht erfreut sein, wenn er sich wenige Wochen später zu Entfernung des Steissbeinfistel nochmals unters Messer begeben muss. Das Zweiphasenkonzept – Abszesseröffnung und erst in einer 2. Operation Entfernung der Steissbeinfistel – hat jedoch einige Vorteile:
  • Die notfallmäßige Abszesseröffnung kann zu jeder Tages- und Nachtzeit schnell mit geringem Aufwand durchgeführt werden. Die definitive Sanierung ist je nach gewähltem Verfahren wesentlich zeitintensiver.
  • Die Abszesseröffnung erfolgt in der Regel ambulant; die operative Fistelentfernung hingegen erfordert je nach Op-Technik einen stationären Aufenthalt.
  • Weiterer Vorteil ist, dass die operative Entfernung der Fistel und die ggf. erforderliche plastische Deckung des Defekts über der Steissbeinregion besser planbar sind.
  • Nach Abklingen der abszessbedingten entzündlichen Weichteilveränderungen ist das Ausmaß der operativen Fistelentfernung in der Regel kleiner.  
  • Die Gefahr einer neuen Fistelbildung ist bei dem Zweiphasenkonzept geringer.

3. Chronischer Sinus pilonidalis


Der chronische Sinus pilonidalis heilt nur äußerst selten spontan ab. Die Behandlung erfolgt operativ, wobei der Zeitpunkt frei wählbar ist im Gegensatz zur Abszesseröffnung, die meist keinen langen zeitlichen Aufschub duldet.


Quellen:

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Jensen SL, Harling H (1988) Prognosis after simple incision and drainage for a first-episode acute  pilonidal abscess. Br J Surg 75:60–61